Geschichte Rügens - von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart - von Otto Wendler, 1895

Rügen als selbständiges Reich

Rügen war bis ins 12. Jahrhundert ein selbständiges Reich unter eingeborenen Königen; doch ist nur der Name des letzten, Tetzlav, bekannt, unter welchem die Insel der dänischen Oberhoheit unterworfen wurde. Das Volk aber, das diese Könige beherrschten, war ein kühnes Schiffervolk, das, ebenso trotzig wie sein Eiland dem Sturm und Andrang der Wogen die Stirn bot, den Gefahren des Meeres zu begegnen wußte. Die See war sein Element, hier lag die Macht der Ranen. Und was den Ranen auf dem Meere antraf, das betrachtete er als sein Eigentum;daher war er der gefürchtete Pirat der Ostsee. Bald mußten auf diese Weise andere Schiffahrt treibende Nationen die unangenehme Bekanntschaft der Insulaner machen, besonders die Dänen. Uralt war daher die Feindschaft zwischen den Dänen und Ranen, und je nach dem Stande der beiderseitigen Mach twar der eine dem anderen unterworfen und zinspflichtig. Lange schwankte auf diese Weise der nimmer rastende Kampf zwischen den Nordmännern und den Slaven, bis zu Beginn des 12. Jahrhunderts der dänische König Erik Eiegod dem Piratenwesen ernstlich zu Leibe ging. Er eroberte das Seeräubernest Julin an der Mündung der Oder, dasselbe, an welches sich später die Sage von der vom Meere verschlungenen Stadt Vineta anknüpft und wandte sich dann gegen Rügen. Auch hier war sein Unternehmen erfolgreich. Er unterwarf die Insel und machte sie dem Dänenreich zinsbar (1100).
Die Einzelheiten dieser Episode sind nicht bekannt, nur das eine berichtet der dänische Geschichtsschreiber Saro Grammatikus, daß der königliche Befehlshaber in Seeland, Skialm, den rügenschen Tribut erhoben hat. Dieser Skialm aber ist der Großvater jenes Bischofs Absalon, der ein halbes Jahrhundert später unserer Insel verhängnisvoll werden sollte.
Von Annahme des Christentums war bei dieser Gelegenheit keine Rede, und überhaupt lockerte sich das Abhängigkeitsverhältnis Rügens von Dänemark sehr bald, da König Erich auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem starb, und innere Wirren die Macht der Dänen schwächten. Wir sehen daher nach kurzer Zeit das Seeräuberhandwerk der Ranen wieder in voller Blüte.
Es war nun das Jahr 1110, als eine rügensche Flotte plötzlich vor der Stadt Lübeck erschien. Diese Stadt gehörte damals zum Reiche des christlichen Slavenfürsten Heinrich, dessen Herrschaft sich von Holstein bis tief nach Mecklenburg hinein erstreckte. Heinrich hatte seinen Vorgänger in der Slavenherrschaft, den Christenfeind Cruto, meuchlings morden lassen und dann mit sächsischer Hilfe die Herrschaft an sich gebracht. Jenen Cruto hatten die Slaven in Mecklenburg sich selbständig zum Fürsten gewählt, weil er ihnen als Christenfeind willkommen war;und da nun nicht lange nach seinem Tode die Ranen in feindlicher Absicht vor Lübeck erschienen, so hat eine spätere Geschichtsschreibung hieraus geschlossen, Cruto sei ein rügenscher König gewesen, dessen Tod seine Landsleute jetzt zu rächen gekommen seien. Ja man hat ihn, den Sohn Grins, auf Grund dieses Schlusses zum Großvater des Königs Tetzlavs gemacht, und da aus Tetzlavs Geschlecht das Haus Putbus herstammen soll, zum Stammvater dieses, sodaß Grin, Crutus, des Slavenfürsten Vater, der älteste Ahne derer von Putbuswäre, und dieses Haus somit seinen Stammbaum bis in den Anfang des 11. Jahrhunderts verfolgen könne. Aber mit keiner Silbe erwähnt der Schreiber der Geschichte des 12. Jahrhunderts, Helmold, daß Cruto ein Rane gewesen ist, während er doch sonst diesem Volk überall eine so genaue Aufmerksamkeit widmet, höchstwahrscheinlich war Cruto ein Slave aus dem Obotritenlande, dem heutigen Mecklenburg.
Die rügensche Flotte erschien also vor Lübeck, um in plötzlichem Überfall - die gewöhnliche Art der Ostseepiraten - die Stadt zu nehmen und auszuplündern.
Aber Fürst Heinrich, der gerade dort sich befand, war ein entschlossener Mann, dem die plötzliche Gefahr die Überlegung nicht raubte. Er sprach zu seinem Befehlshaber in der Burg:"Ich will forteilen, um Hilfsvölker zusammenzubringen und die Stadt womöglich zu entsetzen. Du halte deine Besatzung bei gutem Mut und verteidige mir die Stadt vier Tage lang. Dann werde ich auf jenem Berge erscheinen, wenn ich jetzt glücklich davonkomme. "In der Nacht entwich er mit zwei Mann, gelangte glücklich nach Holstein, raffte hier in der Eile die Waffenfähige Mannschaft zusammen und kam vor der belagerten Stadt wieder an. Hier versteckte er sein Heer in den Wäldern, daß die Ranen nichts merken sollten, und zeigte sich dann allein auf der bezeichneten Stelle, wo er von der Burg aus gesehen werden konnte. Groß war die Freude der Besatzung, als man ihn gewahrte, denn schon war das Gerücht verbreitet, er sei von den Runen gefangen genommen, und alle Hoffnung auf Rettung dahin. Er aber brachte jetzt mit List und Macht Hilfe. Auf heimlichen Wegen führte er seine berittene Mannschaft nach der Mündung der Trave und schlug von hier aus den nach der Stadt ein, den die Reiterei der Ranen, die gerade auf Raub ausgezogen war, zurückkommen mußte. Als nun die Ranen den Reiterzug von der See herauf ankommen sahen, glaubten sie, es seien ihre Landsleute und verließen unter Jubelgeschrei die Schiffe, um ihnen entgegenzugehen. Da erhoben die Holsteiner ihren Schlachtruf, stürtzten sich auf die nichts ahnenden Ranen und hieben nieder, was sich nicht in schleuniger Flucht auf die Schiffe retten konnte. Nur wenige entrannen dem Schwerte der Sieger, viele ertranken, und gering war die Zahl derer, die die Heimatküste von Rügen wiederfanden. Die geretteten Lübecker aber trugen die Erschlagenen auf eine Stelle zusammen, errichteten einen großen Grabhügel darüber und nannten ihn zur Erinnerung an den Sieg den Raniberg.
Aber der Mut des kühnen Inselvolkes war durch diese Schlappe nicht gebrochen, und Heinrich fehlte eine Flotte, um den Sieg ausnutzen zu können. Auf Rache sannen die Besiegten und es gelang ihnen, einen Sohn Heinrichs, Namens Woldemar, zu töten. Heinrich von Schmerz und Zorn gleich heftig bewegt, war entschlossen, Vergeltung zu üben und die Ranen im eigenen Lande anzugreifen. Er brachte ein großes Heer aus Slaven, Sachsen und Holsten zusammen und zog mit demselben die Peene entlang nach Wolgast (1123). Hier schickten die Ranen einen Abgeordneten an ihn, um ihm 200 Mark Bußgeld zu versprechen, denn den Angriff zu Lande fürchteten sie sich wohl nicht gewachsen und ihre Flotte konnten sie augenblicklich nicht benutzen, da es mitten im Winter war. Aber die Sachsen wiberrieten dem König die Annahme und verlangten den Kampf. So zog Heinrich dann an das Meer, nördlich von Wolgast an die Mündung der Peene. Damals war der Zwischenraum zwischen der pommerschen Küste und Mönchgut noch nicht so breit wie heutzutage, denn das Heer konnte von hier die rügensche Küste liegen sehen. Es hatte stark gefroren, Eis bedeckte weithin die See, und kühn wagte man den Übergang, "die der große Werkmeister gebaut hatte". Den ganzen Tag dauerte der Marsch über Eis und Schnee, beim Dunkelwerden erst betrat man den Boden Rügens, das heutige Mönchgut. Sogleich wurden die nächstliegenden Dörfer in Brand gesteckt. Aber als sich das Heer nun, zum Kampfe bereit in Schlachtordnung stellte, weil man die Ranen heranrücken sah, da entsank ihnen der Mut, und die sandten  "ihren Priester", um eine friedliche Lösung herbeizuführen. Mit Mühe gelang es diesem , gegen eine Summe von 4400 Mark den Frieden zu erlangen. Heinrich empfing Geiseln und kehrte Heim, um im folgenden Sommer das Geld holen zu lassen. Aber die Ranen hatten eine schwere Verpflichtung übernommen, denn gemünztes Geld kannte man damals auf Rügen noch nicht. Was man hier kaufen wollte, erhielt man gegen Leinwand und andere Erzeugnisse. Gold und Silber, welches die Ranen durch Raub oder sonstwie erworben hatten, verwandten sie entweder zum Schmuck ihrer Frauen oder legten es im Schatze ihres Gottes nieder. Als nun Heinrichs bevollmächtigte kamen, um die versprochene Summe abzuholen, brachte man zwar den öffentlichen Schatz und die Familienschmucksachen zusammen, aber die Fremden bedienten sich einer falschen Wage und kaum die Hälfte der Summe konnte beigetrieben werden. Da rüstete sich Heinrich zu einem zweiten Winterfeldeinzug und der Herzog Lothar von Sachsen, der spätere deutsche Kaiser, schloss sich ihm als Bundesgenosse an (1124).
Wieder war man glücklich über das Eis nach Rügen gekommen, aber kaum hatte man sich dort drei Tage mit Plündern aufgehalten, als der Frost sich legte, und mit Mühe und Not erreichte das Heer über die morsche Brücke das Festland wieder. So war denn noch einmal die drohende Gefahr von dem Inselreiche abgewendet. Heinrich fiel bald danach durch Mörderhand, und sein Feind betrat von dieser Seite her wieder den rügenschen Strand. Uneingeschüchtert durch diese Heimsuchung im eigenen Lande fuhren die Ranen fort, Seeräuberei zu verüben. Und jetzt, wo Heinrich wachsames Auge geschlossen war, und sei seine Söhne im unklugen Bruderkampfe ihre Kräfte erschöpften, gelang ihnen, was damals so unglücklich ablief. Sie überfielen die unbewachte Stadt Lübeck, steckten die Häuser, die Kirche und Burg in Brand, schlepptenschleppten, was von den Einwohnern nicht ermordet war, in die Sklaverei und kehrten mit Beute beladen heim (1126). So holten sie sich ihre Auslagen aus den vorigen Jahren mit Zinsen wieder, und mit Angst und Schrecken nannte man an der Ostsee den Namen der Ranen.
Das trat besonders deutlich zutage, als der Bischof Otto von Bamberg, der "Pommernapostel", nicht wenig Lust verspürte, von Usedom aus, wo er sich auf seiner zweiten Missionreise 1128 aufhielt, den Abstecher nach Rügen zu machen und den als als furchtbare Heiden verschrieenen Ranen einmal ins Gewissen zu reden. Nicht genug wußten der Herzog von Pommern, Wartislav, und andere Leute ihrem "geistlichen Vater" von der ungeheuren Wildheit und Unabhängigkeit jener Insulaner zu erzählen, die jeden Christen den Tod gebracht hätten, der sich an ihren Küsten shen ließ. Und Otto setzte durch sein schmachtendes Verlangen nach der Mätyrerkrone unterden wilden Ranen seine Begleiter geradezu in Verzweiflung. Nicht aber eher ruhte er, als bis einer seiner Unterkollegen Mönch Udalrich, zu Schiff stieg, um sich den Ruhm eines Apostels der Ranen zu verdienen. Aber der Himmel war einsichtsvoller als jene verzückten Glaubensboten, furchtbarer Sturm erhob sich und trieb den Udalrich nach Pommern zurück, so das er durchnässt bis auf die Haut und zerzaust vom Sturm wieder nach Usedom kam;aber ein Menschenopfer war doch nicht unnütz hingeopfert, denn außer dem nutzlosen Märtyrerruhm hätte er nichts erreicht. Sind doch die Ranen um diese Zeit, wo sie von vielen Seiten her den Andrang der neuen Lehre bemerken, so erbittert auf die Anhänger derselben, daß sie mit den jetzt so halb und halb bekehrten Pommern allen Verkehr abbrechen, der sie bis dahin besonders zur Zeit des Heringsfangens zusammengeführt hatte, ja sogar den offenen Krieg gegen sie begannen. Aber so ein heiliger Mann ist hartnäckig. Otto blieb bei seinem Vorhaben. Da wußten die rein verzweifelten Pommern keinen anderen Ausweg, als das sie ihm sagten, Rügen sei dänisches Eigentum, gehöre somit zum Sprengel des Erzbischofs von Lund, und er Otto, habe also auf Rügen gar nichts zu suchen, wenn er nicht quasi dem dänischen Erzbischof in seine Herde einbrechen wolle. Aber auch das verschlug nichts bei dem Manne, der auf die Märtyrerkrone versessen war. Er schickte einen Boten nach Lund an den Erzbischof  Adcer und bat um Erlaubnis zu der Rügenreise. Adcer war sehr höflich, war aber sicher noch mehr überrascht zu hören, daß Rügen ihm gehöre. Da mußte er doch erst mit den "Großen" Dänemarks Rat pflegen, wie das zugehe, und was bei einer solchen unerwarteten Kunde zu tun sei. Das nahm Zeit in Anspruch, die der Bote Otto´s nicht hatte, weil sein Herr vor Ungeduld brannte, die Reise antreten zu können. So entließ denn Adcer den Boten , gab ihm, wenn auch nicht den gewünschten Pass, so doch ein Fass schöne dänische Butter mit und die tröstliche Aussicht auf baldige Antwort. Die Butter ließ Otto sich schmecken, wie sein Reisebeschreiber besonders hervorhebt, d´ß er aber nicht nach Rügen kam, sondern nach Bamberg zurück mußte, wollte ihm gar nicht schmecken. Adcer aber war froh, den lästigen Besuch los zu sein, der ihn unangenehm an die einstige Machtstellung Dänemarks erinnert hatte. Denn von einem Abhängigskeitverhältnis Rügens von Dänemark war dazmal keine Rede. Auch dachte Adcer nicht im entferntesten an Bekehrungsversuche seinerzeits auf Rügen, er kannte seine Leute und wußte, daß dort auf der Insel die Macht des Christentums handgreiflicher demonstriert werden müsse als mit Worten. Rügen war also zur Zeit noch kein fruchtbarer Boden für das Christentum, Otto aber ging damit des Ruhmes eines "Rügenapostels" oder "Rügenmärtyrers" verlustig.
Aber hätte doch Otto von Bamberg die Dänen nicht an den heiklen Punkt, die Insel Rügen, erinnert. Es erwacht trotz der inneren Kriege in Dänemark das Bewußtsein wieder von der einstigen Zinspflichtigkeit der Ranen. Und als nun Boleslav von Polen vom deutschen Kaiser Lothar  1135 mit Pommern und Rügen, für das sich dahin kein Herr gefunden zu haben schien - und einem mußte es doch gehören - belohnt wurde, da ward den Dänen die Sache doch zu toll.
König Erich Emund beschloß ohne weitere Anfrage bei Boleslav (wie viel höflicher war Otto doch gewesen! ) sein vermeintliches Herrschaftsrecht auf Rügen geltend zu machen. Zudem hatten gerade die Ranen im Bunde mit anderen Piraten dem dänischem Reiche eine unverhoffte Visite gemacht und Kongehella ausgeplündert. Das alles kam so plötzlich zusammen, daß König Erich Ernst zu machen beschloß. Mit einer großen Flotte, auf der sich sogar Reiterei befand, setzte er nach Rügen über und landete bei Arkona 1136.
Die auf Rügen waren nicht überrascht über diesen Gegenbesuch. Arkona, dessen Burgwall noch heute von der einstigen Befestigung des Ortes zeugt, war gut besetzt und verbarrikadiert und für die damaligen Belagerungskünste eine harte Nuss. Die Dänen schritten zur Carnierung. Und damit jeder Entsatz von der Insel aus unmöglich sei, ließ König Erich an der Stelle, wo die Schaabe an Wittow grenzt, eine Schanze aufwerfen und bewachen. Die Vorkehrung war gut, nur die Besatzung war zu sorglos, denn in einer stürmischen Nacht umgingen die Ranen aus dem flachen Uferstrande die Schanze, fielen den Dänen in den Rücken und hieben die Schlaftrunkenen nieder. Wären nicht einzelne versprengte nach Arkona entkommen und hätten das Hauptheer alamiert, so wäre Erich mit seinem ganzen Heer überrumpelt worden. So nun kam die Hauptmacht heran, schlug die Ranen zurück und machte die Hoffnung auf Entsatz zu nichte. Jetzt entsank den Arkonern der Mut und zudem plagte sie der Durst, da die Dänen den einzigen Brunnen der Festung der unverständlicher Weise kurz vom Burgwall lag, verschüttet hatten. Sie kapitulierten unter dem Versprechen Christen werden zu wollen. Und mit einem bewunderungswürdigen Eifer drängte sich alles zur Taufe, d. h. die Taufe nahmen sie mit in den Kauf, das Wasser war die Hauptsache für die Verschmachtenden. Dann nahm König Erich Geiseln, ließ einen Bischof für die neuen Christen zurück und segelte heim. Das übrige Rügen, meinte es wohl, würde dem rühmlichen Beispiele Arkonas von selbst folgen. Aber mit dem Durst war auch das Verlangen nach der neuen Lehre entschwunden. Kaum war König ERich nach Dänemark zurückgekommen, als der "Bischof von Rügen" ebenfalls heimkehrte. Die Ranen hatten ihn auf ein Schiff gebracht und an der nahen dänischen Küste abgesetzt, höflichst verabschiedend mit dem Bemerken, daß sie an ihrem heimischen Swantewit vorerst noch genug hätten. Das war der Fehler gewesen, weswegen diese Erpedition der Dänen erfolglos blieb, daß sie den Ranen ihren Swantewit in Arkona gelassen hatten. Gewiss fühlte Erich sich nicht stark genug, die Art an die Wurzel des rügenschen Heidentums zu legen. Er erneuerte das Unternehmen gegen Rügen nicht und so blieb, besonders da in Dänemark Bürgerkriege anfingen zu wüten, Rügen selbständig und bei seinem Swantewitkult.
Bald bot sich Gelegenheit, den Dänen die ausgestandene Angst heimzuzahlen. Es war im Jahre 1147. Der heilige Abt Bernhard von Clairvaug hatte durch seine feurigen und echt christlichen Worten: "daß die heidnischen Slavenvölker mit Stumpf und Stil ausgerottet seien", bewirkt, daß ein großes Heer von Kreuzfahrern sich gegen die noch heidnischen Einwohner des heutigen Mecklenburg, die Obotriten, in Marsch setzte. Auch die dänischen Gegenkönige Knud und Swen legten im rühmlichen Eifer um eine so heilige Sache ihren Zwist bei und fanden sich mit einer Flotte an der Küste zur Teilnahme ein. Aber die slavischen Festungen Demmin und Dobin - am Schweriner See - waren für damalige Zeit uneinnehmbar, lange dauerte die vergebliche Belagerung, und während dieser Zeit kamen die Ranen mit ihrer Flotte den bedrängten Stammesgenossen zu Hilfe. Die dänischen Schiffe lagen, schwach besetzt und und schlecht bewacht, an der mecklenburgischen Küste, als plötzlich die gefürchteten Piraten erschienen. Bischof Ascer von Roeskilde, der vom König als Befehlshaber zurückgelassen war, verlor sogleich den Mut und rettete sich an Land, die Schoner, die sich zur Wehr setzten, wurden besiegt, ihre Schiffe erobert und die übrige dänische Flotte jetzt von den Ranen belagert. In der Nacht segelte ein Teil der rügenschen Flotte auf die hohe See und kehrte am Morgen zurück, um bei den dänen den Schein zu erwecken, als habe man noch verstärkung erhalten. Auch die eroberten Schiffe bemannten die Ranen und die dänische Flotte gab sich schon verloren, als auf die Kunde von diesen Vorfällen die Könige die Belagerung Dobins aufgabenund zu ihren Schiffen zurückeilten. Zwar machten die Ranen sich jetzt aus dem Staube, aber die Dänen hatten die Hälfte ihrer Flotte und Mannschaft verloren und auf einen Angriff war keine Rede. Die Macht des  ranischen Königstumes stand auf ihrem Höhepunkt, Dänemark, von inneren Fehden weiter zerfleischt, lag schutzlos den Räubereien der Ranen und Obotriten preisgegeben während 10 Jahre nach diesem unglücklichem Kreuzzuge gegen die heidnischen Slaven. Und wie sah es hier in diesen zehn Jahren aus! Seeland war halb verwüstet, Fünen total ausgeraubt, falster den Slaven tributpflichtig, die schleswigschen Küsten verödet. Rügens Macht aber kam in den Ruf der Unbezwingbarkeit. Sein Swantewit spottete auf Arkonas Höhe aller christlichen Verwünschungen, und des Volkes Erfolge wurden seiner kräftigen Hand zugeschrieben. Ja, der christliche Dänenkönig Swen stiftete ihm ein goldenes Trinkgefäß in der Hoffnung sich dadurch seiner Hilfe gegen den Gegenkönig Knud zu versichern;freilich verschlug das Mittel nichts, aber trotzdem behielt Swantewit sein Renommee.
Sehen wir uns jetzt den alten Burschen, der im 12. Jahrhundert so viel von sich reden machte und dessen einstiger Glanz noch jetzt die nördlichste Spitze unserer Insel mit einem gewissen Glorienschein umgibt, etwas genauer an. Ein gütiger Zufall hat es gefügt, daß ein Augenzeuge, der dänische Geschichtsschreiber Saro Grammatikus, uns eine ganz ausführliche  Schilderung vom Swantewit hinterlassen hat, die genau mit dem Berichte übereinstimmt, den der am Plöner See in Holstein lebende Geschichtsschreiber der Slaven, Helmold, nach hörensagen zusammengestellt hat. Diese beiden Gewährsmänner wollen wir jetzt hören.


 
Die älteste Kunde von der Insel
Swantewit und andere rügensche Gottheiten
Die Unterwerfung der Insel durch die Dänen 1168
 
Rügen unter dänischer Oberhoheit
Rügen unter schwedschem Zepter
Rügen ein preußisches Land
     

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